
Treppensteigen in Övelgönne
Das Thermometer steigt unaufhaltsam Tag für Tag auf über 30 Grad. Aber so gar nichts unternehmen, kommt nicht in Frage. Früh machen wir uns auf den Weg. S Bahn bis Altona (ist auch nicht immer möglich). Fußweg vorbei am Stuhlmann Brunnen, lassen die riesigen Zentauren unbeachtet. Sie kämpfen um einen im Netz zappelnden Fisch. Ein ewiger Streit zwischen Altonaer und Hamburgs Fischereihäfen.
Rechts werben das Altonaer Museum und das Theater um einen
Besuch. Heute nicht.
Gehen weiter unter den schattenspendenden Bäumen. Überqueren die Straße.
Schenken dem Altonaer Rathaus einen wohlwollenden Blick. Ein toller Standort. Da möchte man, wenn man noch berufstätig wäre, gerne ein Büro mit Aussicht auf die Elbe haben. Früher befand sich hier der Bahnhof. Er wurde noch von den Dänen erbaut. Erwies sich schnell als zu klein. Abriss! Aber am Bahnhofsportal wurde, na ja, wir wissen schon, das Rathaus erbaut. Kurze Zeit später stehen wir auf dem Altonaer Balkon. Mit uns blicken die Fischer der Bronzeplastik auf die Elbe.

Sehen, ganz hinten fahren spielzeugklein die Autos über die Köhlbrandbrücke. So marode sieht sie gar nicht aus.

Um ehrlich zu sein, sie sieht immer noch imposant aus, so von weitem. Nun biegen wir rechts ab und bleiben auf dem Höhenweg, ignorieren die Angabe, wie weit es, bis Blankenese ist (da wollen wir nicht hin, nicht bei der Hitze, man muss die Kirche auch im Dorfe lassen). An einem Gartenzaun steht ein Stuhl; so ganz alleine. Daneben ein leerer Karton. Zum Mitnehmen sagt uns ein Schild. Leider keine Bücher mehr drin. Ist immer so spannend, was so an Lesenswertes verschenkt werden soll.
Aber die hatten wohl andere Leser auch für gut befunden. Und der Stuhl? Dürfen wir den vielleicht?
Na, nu, Blödsinn. Wir wollen weiter. Die ehemalige Seemannsschule im „Stil der Neuen Sachlichkeit“ Altona (erbaut 1933-35) an der Rainvilleterrasse. Jetzt ist hier die Architekturakademie untergebracht.

Aber ganz lange ist es her, um genau zu sein 1795, da gab es hier ein Gartenrestaurant. Berühmte Leute gingen hier ein und aus und wurden fürstlich bewirtet. Nicht gerade preiswert. Die fantastische Aussicht auf den Fluss musste ebenfalls mit bezahlt werden. Das war schon immer so. Das Haus steht nicht mehr. Ach, aber an der Stützmauer gegenüber werden mit dem Brunnen der Komponist Bellmann, und der Dichter Chemnitz geehrt. Das Lied „Schleswig – Holstein meerumschlungen“ kennen wir. Nun geht´s zum Treppensteigen. Auf den Schopenhauer Weg, dem Donners Park. Landhäuser über Landhäuser. Aber sie gibt es alle nicht mehr. So schade. Es stellt sich die Frage, ob wir dann hier spazieren, gehen dürften. Ist ja Privatgelände. Irgendwo entdeckt man einen Rest Mauer, efeuüberwachsen. Einen Weinberg hat es an den steilen Hängen
gegeben. Salomon Heine, der große Mäzen, hatte hier seinen Landsitz. Sein kleines Gartenhaus steht noch. Wenigstens etwas. Es wird gewürdigt. Lesungen finden statt im Inneren.

Auch von der Gartenbauausstellung 1914, die sehr pompös angelegt war mit großen Toren, Einkehrmöglichkeiten, nichts mehr zu sehen. Einschließlich des „ Fischi“, so wird der Spielplatz an der Fischersallee genannt Donners Weide), zog sich die Ausstellung hin. Die hohen alten Bäume sind wohl Zeugnis davon. Sonst ist nichts mehr davon zu entdecken. Da kann man gucken, wie man will. https://www.ndr.de/geschichte/chronologie/gartenbauausstellung112_page-3.html
Dem großen Maler Max Liebermann gönnt man einen kleinen Garten, eingefriedet mit Hecken, zwischendrin Bögen mit Rosen umrankt. So liebte er die angelegte Natur.
Nun erklimmen, erstufen, erschnaufen wir die Treppen. Heißt schließlich Höhenweg. Was soll´s. Wir wollen Schatten. Dank der vielen großen Bäume, die uns beschatten, ist es sehr erträglich mit der Sonneneinstrahlung. Eine kleine Rast unter einer dicken Eiche. Etwas erhöht sitzen wir auf einer Bank und gucken und gucken. Eine Betriebsamkeit auf dem Strom: dicke Pötte, Barkassen, kleine Segelboote und die Fähre, die täglich unzählige Menschen nach Finkenwerder bringt.

Ein echter Geheimtipp, sagt man. Na, daran glaube ich nicht. Aber es lohnt sich. Noch ein kleiner Abstecher zur nahen Elbchaussee. Dort ist doch eine Skulptur von einem Schäfer mit seinen Schafen, also irgendwo.
Habe ich vor Jahren mal fotografiert. Sie muß hier sein. Endlich. Es ist nicht zu glauben, völlig versteckt hinter riesigen Rhododendronbüschen. Aber nicht so versteckt, dass doch Jemand glaubt, sie beschmieren zu müssen. So, nun nochmal gegoogelt: die Skulptur ist von Carl Spethmann, der in Altona geboren wurde, und hier gewirkt hat. Wusste ich nicht. Kunst im öffentlichen Raum nennt man es heute. Schön wäre es, sie ist auch sichtbar.

Jetzt sehen wir von oben (natürlich) das klotzige Kühlhaus, in dem Senioren*innen wohnen. Und den Museumshafen und den Fähranleger. Wir gehen runter. Den schmalen Weg mit seinen Lotsenhäusern, klein und muckelig; den Villen mit dicken Säulen, das lassen wir uns nicht entgehen.

Auch wenn uns Radfahrer überholen, als müssten sie ein Rennen gewinnen. Wir lassen uns nicht beirren. Soll´n sie doch. Ihnen entgeht so einiges. Wir machen, wie alle Spaziergänger einen langen Hals. Vielleicht erhascht man einen Blick in das Innere der Häuser. Die meisten haben ihre Fenster mit hübschem Allerlei geschmückt. Is` nichts mit Reingucken. Wir entdecken schmale Zwischenräume, die auf einen Hinterhof hinweisen. Dabei sieht es aus, als kleben die Häuser am Elbhang. Wie winzig mögen sie sein? Erreicht ein Sonnenstrahl diese Fläche? Wozu gibt es Schattenpflanzen? Zur Elbe hin gibt es Vorgärten mit alten Lauben, verrosteten Pforten. Ein Stückchen weiter zeigt ein Schild auf die Strandperle hin.

Wären nur ein paar Schritte nach unten und wir säßen im Mullersand der Elbe, könnten etwas trinken. Ach, noch nicht. Wir bleiben auf dem Weg. Bis zur Himmelsleiter. Guckt man hoch, 126 Stufen erklimmen? Auch nicht. Hier hat der Dichter Hans Leip gewohnt. In seinem Roman „Jan Himp und die kleine Brise“ wird die bewusste Leiter auch erwähnt.
Hier zeigt uns die Sonne, was sie kann. Gut für unseren Calciumhaushalt. Nicht mehr lange, und schon wandeln wir auf einer Kastanienallee. Am Strand faulenzen Mütter, ihre Kleinen im Blick. Eine Gruppe Malerinnen fängt Elbmotive ein. Und wir, wir „loofen“. Ein Kaffee wäre jetzt doch gut. Im Strandhaus lassen wir ihn uns schmecken. Wollen wir hier sitzen bleiben?
Nein, natürlich nicht. Letzte Etappe bis Teufelsbrück.
Sehr schön!
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