Aus der Region, Freizeit & Reise

Zauberhafter Herbst

Beitrag: Edith Kalisch

Unser Motto: solange das Wetter gut ist, gehen wir nach draußen. Museen öffnen auch im Winter die Türen.
Was liegt näher, als uns auf den Weg in den Sachsenwald zu begeben.

Wir nehmen die S-Bahn Richtung Aumühle. Diesen Bahnhof gibt es erst seit 1910. Vorher gab es schon um 1850 einen in Friedrichsruh. Aber das ist lang her. Wie sich die Zeiten ändern. Schauen wir uns die schöne helle Bahnhofshalle an, mit ihren hohen großen Fenstern, mit Stahl und Gusseisen gefasst. Schlicht. Wir hatten doch noch Jugendstil? Eher stilisierte Blüten, Schnörkel über Schnörkel. Zwei Ausgänge, links nach Aumühle in diesen schönen Villenvorort und rechts in den Sachsenwald. Diesen Weg wählen wir. Laub leuchtet in der Oktobersonne. Noch lassen die Buchen, die Eichen und zwischendrin die „Ahörner“ die Blätter nicht los. So richtige Herbststürme haben noch nicht an den Ästen gerüttelt.

Und leise, wie Herr Rilke schreibt, fallen die Blätter auch noch nicht. Wir gehen entlang der schwarzen Au. Noch ist sie keine Liaison mit der Bille eingegangen. Sie hat ca. 13 km von ihrer Quelle hierher geplätschert, gegurgelt. Ein Stück ihres Weges verschwand sie unter der Erde, kam aber schnell wieder nach oben. Und so wurde sie genutzt. Es entstanden Wassermühlen. Eine Zwangsmühle. Dem damaligen Lehnherrn stand das alleinige Recht zum Betreiben dieser Mühle zu.
Und nicht nur das: die Bauern waren verpflichtet, ihr Korn dort mahlen zu lassen. Na zum Glück gibt es so etwas nicht mehr. Natürlich gibt es Sägemühlen. Aber die Papiermühle, für die der Bach nahe dem Schlossteich extra gestaut wurde, fände ich nicht schlecht. So könnten doch unsere Klamotten (na ja nicht alle, wir verbrauchen zu viele), dort zu Papier vermahlen werden. Einige Bäume brauchten dann nicht ihr holziges Leben zu lassen. Das wäre Upcycling. Träume.

Wir gehen mal weiter. Durch den Urwald. Tatsächlich war der Sachsenwald, der heute nur ca. 70 qkm umfasst, von der Ostsee bis nach Niedersachsen Urwald. Schon in der Steinzeit haben sich hier Menschen wohlgefühlt, auf kleinen Lichtungen Ackerbau betrieben und Schweine gezüchtet. Heute leben hier noch Wildschweine. Aber denen möchten wir nicht begegnen.

Schnell noch einen Blick nach rechts. Der Lokschuppen, der ein Teil des Bahnhofes war, ist heute Museum. Dieses zu besuchen, begeistert nicht nur Kinder. Es ist auf jeden Fall einen Besuch wert.
Und wenn man dann noch Glück hat, und verpasst den Termin nicht, wenn die Museumseisenbahn dampfend und prustend bis zum Bahnhof fährt. Das ist schon etwas.

Bevor wir weitergehen, erspähen wir, nein, nicht nur die Restaurants, sondern eine Skulptur.
Versteckt. Ist es Absicht? Also Abstecher dorthin. Sie soll an die „ruhmreichen Kolonialtruppen“ im ersten Weltkrieg erinnern. Da steht er, der General Paul von Lettow Vorbeck. Stolz sein Blick. Er war damals Kommandeur der deutschen Schutztruppe. Links neben ihm ein afrikanischer Soldat, der die Askari Uniform trägt. Ein einheimischer Lastenträger hockt auf der anderen Seite. Die Skulptur wurde erst 10 Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges errichtet, nachdem sie jahrelang vergraben war.
Viel Geschichte kann man lesen. Positives wie auch Negatives.

Ach, wir sehen uns lieber die Baudenkmäler an. Wir recken die Hälse. Wie hoch mögen sie sein? Wir
entdecken die Baumkronen nicht. Wir machen uns schlau (wie immer hinterher). Ein Laubbaum kann, haltet euch fest, bis zu 120 Meter hoch werden. Dann geht ihm das Wasser aus, weil es mit dem Hochpumpen der Wasserleitung nicht mehr klappt. Und noch etwas: eine Buche kann bis zu 800.000 Blätter tragen. Ist es zu fassen? Moment, ich lese nochmal nach. Nicht, dass ich etwas Falsches schreibe. Da bin ich wieder. Die Angaben über die Höhe sind unterschiedlich. In Amerika erreichen wohl so einige diese Höhe. In Deutschland eher nicht. Nicht ganz. Aber… mit den Blättern… das stimmt.

So, nun gut. Wir schlorschen durchs Laub. Trocken ist es. Knistert und knastert unter unseren Füßen.
Überqueren die Brücke der schwarzen Au, die gerade einen umgekippten Baum umfließt. Kommen auf einen Weg, der breit ist, von Wiesen und Weiden gesäumt. Auf diesen knabbern kleine und größere Pferde genüsslich am Gras, lassen einige Disteln stehen, weil ihre Zähne wohl nicht mehr so wollen. Es handelt sich nämlich um einen Pferde- Gnadenhof. Na, dann..

An den hübschen weißen Häusern biegen wir nach links und stehen vor dem Eingang des Gartens der Schmetterlinge. Nun steht das Tropenhaus leer. Im Frühjahr können wir die Entwicklung vom Ei bis zur Raupe und dann die Metamorphose zum wunderschönen Schmetterling beobachten.
Begeistern die Besucher mit den Farben dieser Exoten. Wer hier noch nicht gewesen ist, der nächste Sommer kommt bestimmt.

Unser Ziel war es nicht. Weil wir ja wussten, dass….

Schauen noch auf den Schlossteich. Hier stand sie: die Mühle. Aber nichts, rein gar nichts zu erkennen.

Wir schlendern zurück. Nicken den Pferden zu, die sich nicht beirren lassen. Kommen zur Brücke und gehen nun nach rechts. Wir hören die Stille. Ab und an löst sich doch ein Blatt vom Baum und trudelt vor unsere Füße (Oh, ihr Dichter, wie Recht habt ihr mit euren Beschreibungen).

An der Wegkreuzung biegen wir nach links. Hier liegen Kacheln- und Fliesenstücke und manchmal auch winzige Porzellanscherben. Sie werden inspiziert und wenn für gut befunden, eingesammelt.
Interessiert keinen Menschen. Aber mich. Ich gebe es zu. Eigentlich dienen diese ja zur Befestigung der Wege. Na gut, wir nehmen auch nicht viele mit. Aber vielleicht wird daraus mal ein Mosaik.
Vielleicht. Wer weiß.

So, nun noch mal nach links. Durch die Lindenallee. Die sammtweichen Blätter leuchten im hellen Gelb. Oh… wie schön ist die Natur.

Angekommen am Mühlenteich. Das italienische Ristorante hat geöffnet. Was wollen wir mehr.

Fotos: Edith Kalisch

2 Gedanken zu „Zauberhafter Herbst“

Hinterlasse eine Antwort zu boikejacobs Antwort abbrechen