Damals war's

Meine Ur-Urgroßmutter: Picknick in Reinbeck

Der Bau der Berlin-Hamburger Eisenbahn im Jahre 1846 hatte den Anstoß für eine rasante Entwicklung Reinbecks gegeben, das sich damals noch mit „ck“ schrieb. Der Ort hatte zu dieser Zeit weniger als 300 Einwohner. Wohlhabende Hamburger Bürger erkannten den Reiz der Landschaft und bauten hier ihre Villen. Die Kaltwasserheilanstalt Sophienbad machte Reinbeck für einige Jahrzehnte sogar zum Kurort. Durch zahlreiche Ausflugslokale wurde der Ort so beliebt, dass sonntags zeitweise Extrazüge von Hamburg nach Reinbeck fuhren. So blühten Gastgewerbe, Handel und Handwerk auf.

Der Ort, bisher nur eine Ansammlung einzelner Häuser, entwickelte sich zu einem bevorzugten Wohnort im Grünen. Und auch meine Ur-Urgroßmutter und ihre Familie gehörten zu den Ausflüglern, die einen Tag lang das Reinbecker Gehölz genossen.

Dazu schreibt meine Ur-Urgroßmutter Amalie Niemeyer am 17. Juli 1864 ihrer jüngsten Tochter Emilie:

„Wir hatten gestern einen recht hübschen Tag. Ich hatte Eduard’s Emilie mit ihrem Otto zur Aalsuppe eingeladen, die wurde gemüthlich verzehrt, dann Kaffe getrunken, und dann wohlweislich 1/2 Stündchen geruht, auf den Sopha’s, im Lehnstuhl e.c.t.

Dann fuhren wir alle zusammen mit dem Dampfer nach der Uhlenhorst, es war prachtvolles Sommerwetter, tranken da unseren Thee.  Der alte Pape kam zufällig auch hin, Theodor  Niemeyer wohnt für 3 Wochen mit Selma, während der Ferienzeit bei uns auf der Uhlenhorst im Fremdenzimmer, August und Wilhelm, Minna mit Georg wohnen den ganzen Sommer schon dort. Wie viele fremde Personen außer unsere große Familie muß dies kleine Häuschen  aufnehmen, es ist fabelhaft. Die Alle kamen den Abend noch dahin, und im Garten saßen wir versammelt bis gegen 11 Uhr.

Da verabredeten wir, ein Picknick zu halten im Reinbecker Gehölz. Morgens 9 Uhr soll’s fort gehen und Abends wieder zu Hause. Bis Bergedorf fahren wir mit der Eisenbahn, dann zu Fuß bis Reinbeck, wahrscheinlich treffen wir unsere Freunde Gütte und Fertsch auch dort.“

Reinbek wurde zum beliebten Ausflugsziel wohlhabender Hamburger Bürger

Hamburg, d. 3./8.64

Liebe Emma!

Vorigen Sontag haben wir eine sehr hübsche Tour nach Reinbeck gemacht. 13 Niemeyer’s. Wir nahmen alles mit, frühstückten auf einem hohen Berg mit schöner Aussicht auf das Sophienbad.

Das weithin bekannte Sophienbad in Reinbek

Kochten uns den Kaffe selbst im Holze, sangen Quartette e.c.t. Nachts um 12 Uhr kamen wir erst zu Hause an, von Morgens 9 Uhr. Wir haben uns Alle köstlich amüsirt. Eduards Emilie hat es dort so gefallen, daß sie gestern gleich für den ganzen Sommer sich dort ein gemiethet hat, und auch schon hinaus gezogen ist.“

Diesen Ausflug machte die umfangreiche Familie Niemeyer mit ihren Freunden zwar zum ersten, aber sicher nicht zum letzten Mal.

Boike Jacobs

Herzlichen Dank dem Leiter des Stadtarchivs Reinbek, Dr. Carsten Walczok, der diese schönen Fotos kostenlos zur Verfügung stellte.

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